Jardins d’amis – Gate in Ruin (SAN), 2013, Länge: ca. 8 Min.,
Filmische Dokumentation der Errichtung des Gartenkunstwerks und die Hintergründe seiner Entstehung
Musik: Dorothée Munyaneza, Marseille
GATE IN RUIN
Das Garten-Kunstwerk “Jardins d’amis – Gate in Ruin (SAN)” wurde zum Jahreswechsel 2011/12 auf der Grenze zwischen den künstlich bewässerten Landschaftsgärten der Nirox Foundation und dem Buschland des Khatlhampi Natur-Reservats inmitten des UNESCO Weltkulturerbes “Wiege der Menschheit” in der Nähe von Johannesburg in Südafrika errichtet. Es befindet sich ebenfalls auf der Grenze zwischen dem luxuriösen Haupthaus des Garten-Besitzers und der bescheidenen Siedlung der angestellten Gärtner. Sein Standort wurde bewusst auf diesen sich kreuzenden Grenz-Linien gewählt. Die ortsspezifische Arbeit ist vom Volk der San inspiriert und ist ihm gewidmet. Die San, auch Buschmänner genannt, tragen die vermutlich ältesten genetischen Codes der Menschheit in sich, sind aber von Ausrottung bedroht. Der hier gezeigte Film dokumentiert die zugehörige Recherche- und Konstruktionsphase.
Auch dieses Projekt basiert auf dem dialogischen Prinzip als Arbeitsweise: Gespräche mit dem Paläoanthropologen Lee Berger, der Genetikerin Himla Soodyall, dem Felsmalerei-Spezialisten Ben Smith, sowie mit Rangern und Tierhütern über die San und ihre Bedeutung für das südliche Afrika fliessen in die Konzeption der Arbeit ein. Die daraus resultierenden Erkenntnisse, sowie die praktischen Anregungen des Architekten Enrico Daffonchio münden in die Gestaltung der Gartenskulptur, die auch aus einem pyramiden-artigen Ruinentor aus gefundenen Materialien wie verrosteten, alten Kanteisen und Fenstergittern, gebrauchtem Wellblech, in Form geschlagenen, vielfältigen Gesteinen aus dem angrenzenden Busch, verkohlten Ziegeln, einem Zement-Erdgemisch und diversen Pflanzen besteht. Die Metall-Unterkonstruktion entsteht in Zusammenarbeit mit Anthony Ndebele und seinem Team. Die Pflanzen wurden speziell von den Gärtnern der Stiftung, Michael Mlaula, Jerry Mosime and Alpheus Nyatsiso, ausgewählt. Ihre Teilnahme an dem Vorhaben ist Bestandteil des Konzepts und sie wurden eingeladen, sich auch in Zukunft selbstbestimmt um die Bepflanzung und Pflege der Garten-Architektur zu kümmern.
Das Wort “S A N” zerfällt in drei Elemente – eine Bank, eine Pyramide als künstliche Ruine und zwei Säulen. Das “S”, das im Sinne der “Line of Beauty” des historischen englischen Landschaftsgartens gestaltet wurde, kann als Sitzplatz genutzt werden und in freimaurerischer Garten-Tradition als Gleichheit suggerierende Schnittstelle zwischen Klassen, Geschlechtern und hier auch Ethnien verstanden werden. Die Pyramide, eine alte symbolische Form aus der ägyptischen Kultur, und ein ebenso wiederkehrendes Motiv in vielen Gärten des 18. Jhdts., bildet das “A”. Die vier Seitenkanten der Pyramide, die wie “versteinerte Sonnenstrahlen” gelesen werden können, verbinden die europäische und afrikanische Kultur auf dem gemeinsamen Boden altägyptischer Geschichte. Zwei gebrochene Säulen formen das “N”. Die Säulen-Anordnung ist beeinflusst von der künstlich gebauten Ruine des „Tempels der modernen Philosophie“ im “Parc d’Ermenonville” bei Paris, den der Maler und Landschaftsgärtner Hubert Robert nach dem Tempel der Tiburtinischen Sibylle in Tivoli bei Rom und im Austausch mit Rousseau konzipiert hat. Programmatisch steht die Sibylle für die Fähigkeit zur Weissagung und die Ruine für eine zukünftige Vollendung.
Schrift taucht in dieser Arbeit aber auch in anderer Weise auf. An einer Seite der Pyramide befindet sich eine verrostete Metallplatte, aus der die Buchstaben S A N so herausgefräst sind, dass sie von Außen in Spiegelschrift und auf dem Kopf erscheinen. Im Inneren der Pyramide, die hier mit ihrer Wellblech-Auskleidung wie das Shack eines Townships aussieht, wird durch die Sonneneinstrahlung der Schriftzug auf dem Sandboden lesbar. Mit der Wanderung der Sonne werden die Lichtbuchstaben immer kleiner, bis sie schließlich ganz verschwinden.
Der Besucher muss das Wort im richtigen Moment des Tages durchwandern bzw. besetzen. Bei jedem einzelnen Buchstaben macht er unterschiedliche räumliche und optische Erfahrungen, um die Lettern schließlich zusammensetzen zu können. Jenseits der Rezeption des Werks als autonome Skulptur oder als begehbare Typographie, wäre die ideale Nutzung der Arbeit aber die eines Treffpunkts für alle Menschen, die auf der Besitzung leben oder die die Stiftung besuchen, unabhängig von ihrer sozialen Herkunft oder von ihrer Position in der Hierarchie der Stiftung. Dafür wurde das “S” als Bank konstruiert und im Inneren der Pyramide eine Feuerstelle mit Fels-Sitzplätzen eingerichtet. Jedermann/frau ist eingeladen, sich dort zu treffen, um eventuell anstehende Probleme auf neutralem Boden zu klären oder einfach gemeinsam ein Feuer zu entfachen.
Alle drei Buchstaben verweisen zudem auf eine mögliche Zukunft, die sich in dem Kreisschluss von Ursprung – verkörpert durch die San – und Bestimmung der Menschheit, als Gemeinschaft ohne Rassen-Konflikte, vervollkommnen könnte – stände dem nicht die seit Jahrhunderten fort schreitende Ausrottung der San entgegen.
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