Blut Ist Im Schuh

BLUT IM SCHUH-SW-WEB
Abb. METEORITEN - BLUT IST IM SCHUH, 1982, 270 x 360 cm, Acryl auf Papier, Akademie der Künste Karlsruhe

 BLUT IST IM SCHUH

Mal-und Tanz-Performance
Mit Sasha Waltz, Postmodern-Dancer, Choreographin

Akademie der Bildenden Künste, Karlsruhe, 1982

Sasha Waltz und ich schließen uns eine Woche lang in einem Raum ein. Ich will malerisch dokumentieren, was zwischen uns passiert. Sashas Körper fasziniert mich schon lange, schon lange ist sie mein Modell. Sie ist von runder Elastizität, von kompakter Geschmeidigkeit und tanzt wie eine Göttin. Der klaustrophobische Zustand treibt uns in die Enge, das “Modell” verselbstständigt sich, beansprucht Raum, hält nicht mehr still, Bewegungen beschleunigen sich. Harmonie wächst sich aus zu Aggression, erotische Spannung entpuppt sich nach und nach als Machtkampf. Die schwarzen Figuren als Liegende auf Papierbahnen gemalt und gedacht, stehen auf und entwickeln ein unerwartetes Eigenleben. Wachsende Spannung zwischen uns zeigt sich in sprunghaft sich wandelnden formalen Lösungen, Tanz geht über in Kampf.

Jetzt ist Sasha an der Reihe. Sie ist Postmodern-Dancer, d.h., genau wie in der Malerei, der Architektur und anderen Medien geht es beim Tanz um das Zitat, den Stilbruch. Weiß gekleidet steigt sie durch ein offenes Fenster im Erdgeschoss des Akademie-Gebäudes und wirft Murmeln vor sich auf den Boden. Nur ihr Klicken ist zu hören. Mit drei Dia-Projektoren sind die schwarzen Figuren der Mal-Phase in verschiedene Richtungen der Akademie-Gänge geworfen. In langsamen, konvulsiven Bewegungen tanzt Sasha nun vor diesen Projektionen ohne Musik. Sie selbst wird zur Leinwand, die Pinselstriche lebendig. Einer der Lichtstrahlen führt eine breite Treppe hinauf. Liegend erkämpft sie sich den Aufstieg. Liegend rollt sie sich langsam wieder hinunter, verschmilzt auf jeder Stufe für Sekunden mit einer der schwarzen Figuren und belebt so den malerischen Prozess auf Neue – der Kreis schließt sich. Die Inszenierung hat etwas Beschwörendes, erinnert an ein fremdes, zögerndes Ritual aus archaischer Zukunft.