JARDINS D'AMIS : RANDONNEES. Aus dem Gartenarchiv der Caroline Bittermann

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Abb. Doppelseite aus “Jardins d’amis : Randonnées”, Mojave Wüste Nevada USA mit Till Krause (Galerie für Landschaftskunst, Hamburg), 2010

Das Buch als Ort der Handlung

Sammlungen und Archive von Künstlern gibt es seit der Antike. Die Form jedoch, mit der sie in Erscheinung treten, wandelt sich mit jeder Epoche. Das Garten-Buch stellt seit der Hypnerotomachia Poliphili von Francesco Colonna eine dieser Formen dar. Das vorliegende Buch Jardins d’amis : Randonnées – Aus dem GartenArchiv der Caroline Bittermann hat nun mit seinen 360 Seiten die Form einer „Künstler-Enzyklopädie“ angenommen, die sich als eigenständiges künstlerisches Werk darstellt.

Ausgangspunkt dieser Publikation ist der “Garten”. Er ist für mich künstlerisches Medium und inhaltliches Bezugssystem gleichermaßen. Er ist “rhetorische Landschaft”, utopischer Denkraum für aktuelle Theorien zum Pittoresken und Romantischen und heterotope Quelle für Bildvorlagen, die in Malerei, Garten-Modelle und Installationen umgesetzt werden, die wiederum zu Vorlagen für das Arbeiten mit Garten-Skulpturen und echten Pflanzen werden können. Wichtiges Bindeglied zwischen diesen Welten und Medien ist der “Gärtner”. Als metaphorische Figur, verkörpert er exemplarisch das menschliche Prinzip in der gestalteten Natur und sein Ausdrucksmittel ist ein zitathaftes Sprechen, das ein permanentes Entwerfen und Verwerfen von Zeichen und -Referenz-Systemen erfordert.

Die Künstler-Enzyklopädie wird zum Träger für dieses komplexe Verweis-Gebilde. Die Jardins d’amis, eine seit 2006 entwickelte und mittlerweile über 150 Portraits umfassende Malerei-Serie, die die vieljährige Geschichte eines Beziehungs-Geflechts „dokumentiert“ (Jardins d’amis = Freundschaftsgärten) ist auf der jeweils rechten Buchseite abgebildet. Links sind Fotos aus meinem umfangreichen Garten-Archiv diesen Malereien gegenüber gestellt. Das Archiv entsteht seit 1989 konstant und wurde bisher nie öffentlich gezeigt. Die Fotos werden wie „Storyboards“ zu einem “Spaziergang”  (Randonnées = Wanderungen) in Clustern montiert und den gemalten Portraits gegenübergestellt.

Zwei mediale Welten treten auf der dritten Ebene des Buches miteinander in Beziehung – oft inhaltlich diskursiv, manchmal eher formal. Jede Doppelseite bildet eine eigene Referenzwelt und ermöglicht eine allgemeine Reflektion über die Bedeutung des Verhältnisses von “realen” und “idealen” Orten zueinander. In ihrer Bilderfülle hat die Publikation die Aufgabe, als vorläufiger Ort für eine Versammlung von vielfältigen Vorstellungen zu dienen und wie eine Wunderkammer oder ein Bilder-Archiv im Warburgschen Sinne Welt-Entwürfe und Realitätsbezüge zu akkumulieren und durch assoziative Kombinatorik neu – oder um zu bewerten.

Artist Statement aus dem Buch:
“Die Malerei ist das Terrain, von dem aus ich meine ganze Arbeit von Anfang an denke.
Von der Handlung des Malens geht alles aus und, als immer neu zu befragendes Gegenüber,
führt alles zu ihr zurück. Sie kommt zum Einsatz, wenn die Farbe die Leinwand auf
die Wände verlässt. Sie drückt sich auf Garten-Modellen, auf Bühnen und Kostümen, aber
auch hinter Linsen und auf Bildschirmen aus. Sie wird so raumgreifend, dass sie einen
ganzen Garten erfüllt, in dem dann mit Pflanzen und Wort-Skulpturen gemalt wird. Mit
dem Pinsel und der Lupe in der Hand implodiert sie in Miniatur-Portraits, die das Innerste
menschlicher Vorstellungswelten durchforschen. Mit Zitaten quer durch die Malerei-
Geschichte und -Theorie kommentiert sie sich selbst und vereinnahmt so ihr Anderes. Site
oder Nonsite: Immer wieder nimmt sie sich die Freiheit, überall dort in Erscheinung zu
treten, wo sie sich noch nicht gezeigt hat, wo es noch Land zu erobern gilt.”

Salon Verlag Köln
www.salon-verlag.de

Die deutsche Nationalbibliothek: www.dnb.ddb.de
ISBN 978-3-89770-332-2

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Abb. Sonder-Edition “Eutopische Dialoge” zur Künstlerenzyklopädie, (Maximilien Robespierre & Simone de Beauvoir), Fine Art Print auf Hahnemühle Papier, Maße variabel, seit 2015